Dienstag, 30. Dezember 2014

Ohne Schirm mit viel Charme und Melone

Heimaturlaub fast vorbei - Geburtstag überlebt, Weihnachten verkraftet und für Silvester optimistisch den Blick Richtung Norden. Die letzten vier Monate sind rumgegangen wie zwei Wochen - zwei Wochen, gefüllt mit Stoff für drei Jahre, wenn man das irgendwie so zusammen fassen kann.

Nach 12 Stunden Busfahrt durch Hannover zu fahren, von der besten Freundin eingesammelt zu werden und dann durch die Stadt zu gurken, in der man jede Straße kennt - In der man die Läden liebt, in denen man den Weltschmerz wegtanzen kann - In der man in Erwachsenenwohnung bei Lieblingsmusik malt - auf dem Balkon den Rotwein schwenkt und sich erinnert, wie viel besser die Zigaretten im Sommer geschmeckt haben - wo kleine Brüder gar nicht mehr so klein sind und die trotzdem im Tigerkostüm das Familienbild versauen und dich so lange kitzeln bis dir vom Lachen alles wehtut - wo seit Ewig zu Kraftklub Auto gefahren wird - wo das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde liegt, weil dich deine beste Freundin in Angst und Panik versetzt, wie damals als sie mich ansah und sagte "Debbie, jetzt fährst du den Volvo über die Autobahn" und dich dann auf ihr Pferd setzt - undnochvieletausenddingemehr (…)

Ja, das war wohl das größte aller Geschenke zu diesem Heimaturlaub!

Wenn ich Olli Schulz wäre und für meine besten Freundinnen einen Song schreiben müsste, ja es wäre dieser Song über seine beste Freundin, die mal irgendwann gesagt hat, dass die Leute denken sie seien betrunken, dabei sind sie nur Freunde. Meine Lieblingsmädchen sind so dramatisch - das find ich so sympathisch. Halten meine Welt in Atem und lassen mich niemals warten. Und wir haben unsern Song gefunden - eine Mischung aus rebellisch laut und manchmal eben doch bloß der Montagsblues auf dem Küchenfußboden der Tatsachen. Das wird hier jetzt kein großer Jahresrückblick à la dann hab ich das und das gemacht und das war toll - Das wird einfach nur ein Danke an alle meine Lieblingsmenschen. An alle, die mir zuletzt gezeigt haben, dass in unserem konstant unkonstantem Chaos keine Distanz und Nähe in Kilometern gemessen wird.

Frau mit Hut jetzt mit Melone - immer noch ohne Schirm, dafür mit viel Charme und der nötigen Portion toller Menschen als dass 2015 genauso bunt werden sollte, wie 2014. 

Bebilderung folgt.
































Leben is nich nur Pommes und Disko!

Nachdem ich letzte Woche schon mindestens 48923 Mal vor Vorfreude geplatzt wäre, konnte nach einem finalen Putzen, wie ich es für keinen Mann der Welt betreiben würde und einem finalen Skypedate nichts mehr schief gehen. Sattelt die Pferde, es geht nach München. Mit Pappschild und einem ganzen Batzen Liebe bewaffnet war's am Donnerstag dann endlich so weit. Queen B. und Queen D. wieder vereint. In der Menschenmasse, die allesamt im IC von Hamburg anreisten, konnte ich schon von weitem den suchenden Blick unter dem riesigen Hut von Frollein Weltgewandt sehen. Tränenschweres aufeinander zu rennen, wie es sonst nur Amerika geschafft hat.

Ein guter Tag in München brauchte dann auch bloß die Shops aus oben genanntem Amerika von dem alles spricht - Forever 21 ist nur eine der unendlichen Möglichkeiten mitten zwischen Maroni am Stachus und Weißwürschteln - und einen riesigen Toffee-Bratapfel-Mandel-Dingsdachiato-mit-Sahne von Starbucks - zum hier trinken oder zum mitessen ? Hauptsache stark.

Leben mit dir hier is nich nur Pommes und Disko. Nee. Leben is Frühstück auf einem Überseekoffer im Bett. Leben is Pfannkuchen. Leben is Vorlesen. Leben is diese absurde Sinuskurve aus Emotion. 
Leben is sich weintrunken die Welt erklären - und wann immer uns die Fähigkeit dafür abhanden kommt, steht Rainald Grebe im zweiten deutschen Internet parat um dir die Leitparolen des Lebens an den Kopf zu ballern. Wenn die Liebe geht, die Hobbys bleiben - wir machen Schluss oder ein Kind ? Stimmt vielleicht, stimmt uns allerdings froh gefangen in der Seifenblase Erasmus zu sein, statt als 30jähriges Pärchen in Berlin Mitte Sushi zu essen! Mit Distanz kann man da noch drüber
lachen!

Zwischen ewigen Zeitfenstern, in denen wir das Bett, sowie unsere Tierkostüme nicht verlassen haben, wartete draußen dieses Österreich mit all seinen Traditionen und Späßen zur Adventszeit auf uns. Während die Durchschnittsperle aus Norddeutschland zu Nikolaus nur fragt 
"Ey, Beccs, heut is der 6., wa?" 
"Ja, ey, frohen Nikolaus! Ich mach mal Kaffee!", 
ist der Österreicher stets bemüht seinen Zöglingen die Flausen auszutreiben - Unsere Flausen sitzen dann wohl zumeist in den Kniekehlen und auf den Oberschenkeln, den Striemen und Kratzern des seltsamsten Tags danach zu urteilen. Krampuslauf  - so das Kommando. Naiv und karnevalsverwöhnt, dachten wir uns noch, dass das ja ein lustiges Event mit ner kleinen Feuerwerkseinheit und kostümiertem Aufmarsch werden könnte. Gruseliger als Cher und Michael Jackson zusammen - aus einem Diskonebel, von dem ABBA nur träumen konnte - stiegen dann die Hybride aus Lordi und Kiss-gestalten durch die Menge. "Ich steh ja total auf behaarte Männer" sollte sich binnen Sekunden in "Mir wurde grad so richtig der Arsch versohlt. Das ganze nennt sich Krampuslauf, ist 'ne österreichische Tradition. SM nicht." wandeln (Sorry, Oma, an dieser Stelle). Verprügelt, gejagt und geschunden finden wir uns in der S3 heimwärts wieder - Was zum Teufel war das ? Und irgendwo hörte man nur einen kleinen Erasmusstudenten aus Brasilien rufen "And now we know why Austrians are such polite!

Hipster is nich nur Oversizemantel und Mate. Aber bei Turnbeuteln und Deephouse hört der Spaß echt auf! Versprochen! Kein Grund, nicht trotzdem mit deiner Spigelreflex durch Salzburg zu laufen und Fotos von Streetart und interessanten Menschen zu machen (Zitat.) - Also zum Wohle aller und primär der Gesäßmuskulatur jeder einzelnen dann auf den Berg. Fußmarsch zur Festung, fix mal im Fürstenzimmer Juten Tach gewünscht und dann mit Vollgas ins Museum der Moderne. Wir sollten an die Grenzen unserer künstlerischen Selbsteinschätzung kommen. Fazit: Ich habe mir mehr Din A4 Zettel mit Beschreibung von Kunst, als Kunstwerke selbst angeschaut. Na dann gehen wir halt Bier trinken. Das können wir wenigstens. 

International, multikulturell wurde daraus dann belgisches Bier mit Finnen und Japanern - kurzer Einschub: "Beccs? Ist das okay wenn die Finnen und Japaner mitkommen?" "Finnen schon, ja." "Und Japaner? Hast du Angst vor denen?" "Ja, panische!" -  und ein Sprachexkurs à la "Was heißt danke auf japanisch?" "Alligatoaaaah" - "Dein Ernst? Ruft der Kerl dann Allialligatoah, weil er Danke, danke, danke sagen will?" - "Vermutlich." 

(An dieser Stelle möchte ich mich für Niveau und Komplexität jener Unterhaltungen Entschuldigen. Aber wir wissen ja alle zu Genüge, wie witzig nacherzählte Situationskomik sein kann. Es sei mir verziehen!) 













Montag, 24. November 2014

Nur das Beste aus Budapeste.











Oh wie schön ist Budapest - fasst ganz gut zusammen wie es mir geht.

Ich hab Schmetterlinge im Bauch, rote Hamsterbacken vom kalten Wind im Osten und das dickste Grinsen seit damals, als ich Toy Story zum ersten Mal sah. Ich bin verliebt. Ohne Ende. Eine Mischung aus Ostblockcharme und moderner Zukunftsvision, irgendwie alt, aber doch neu. Alles so schön unperfekt.

Als ich am Mittwoch in den Hauptbahnhof stiefelte, in der Hoffnung ein Bahnunternehmen lüge mal nicht mit Supersonderspezialangeboten, wie "Für 19 Taler von S. nach B.", war meine Motivation ein spontanes Mädchen mitten in den wilden Fängen ihres Erasmusdingsda zu sein so ziemlich am Boden, als mir Edeltraut von Schalter 6 erklärte "Ja, naja, also wenn Sie 4387 Monate vorher buchen. Dann, ja dann könnten sie Glück haben, dass wir noch ein Sparfuchssupersonderbilligticket für Sie haben. So macht das ganze dann 85 Euronen pro Fahrt." - "Dann, ja dann, ehm Nö."

Die gute, alte Mitfahrgelegenheit zur Hand genommen und einen superspontan ausgeliehenen 34l Rucksack später, sollte der Prinz von Ungarn… oh, Verzeihung, der Sultan von Ungarn, mich nach Budapest chauffieren. 34l Rucksack - das ist das Stichwort - was ich mir unbedingt noch kaufen sollte für stürmische Losreisepanik: Stoppersocken. Bevor ich überhaupt aus der Wohnung kam, lag ich 2x auf dem Rücken, wie ein kleiner dicker Käfer und wusste nicht genau: Soll ich weinen, soll ich lachen oder soll ich vielleicht direkt alle Träume von Rucksackreisen durch die Savanne an den Nagel hängen? Wie auch immer, irgendwie klappt es ja dann doch meistens.

Zehnspurige Autobahn abends um 2300, alles leer. Nur die ungarische Volksmusik (die nebenbei klang als würde ich meine Hanni und Nanni Kassetten aus den 80ern rückwärts abspielen) und die Stadt. Budapest, wie ein Teppich aus Licht und Leuchten. Treffpunkt Fövám tér, direkt hinter der Freiheitsbrücke. Hinter der schönsten Brücke der Welt.

Hey Tobias, was hast du da im Gesicht? - Hey Debbie, es ist Movember! Ich habe dir einen Schnauzer mitgebracht! Wie die letzten Erasmushalbaffen ging es dann klassisch zur Moustacheparty, die ich im Nachhinein eher als multikulturelles Wirrwarr aus Deutschen und Franzosen, die niedrige Alkoholpreise und Mieten on its finest auszunutzen wissen, bezeichnen würde.

Was man in Budapest unbedingt gesehen haben sollte, wurde alles zu Fuß erledigt. Den Schrittzähler angehauen, haben wir beinahe den Tagesrekord aus Wien von 24.000 Schritten geknackt. Mit einer gefühlten Million Forint im Gepäck und meinem gefährlichen Halbwissen über den Unterschied zwischen Buda und Pest, sind wir am Freitag auf der Buda-Seite auf einen Berg gestiefelt, haben die Aussicht genossen und den Weg für 805 wunderbare Fotos geebnet. Von Buda nach Pest. Von der Donau zum Parlament. Von Demonstrationen und Wachposten an der ungarischen Flagge durch die Innenstadt und stets einen billigen Kaffee zum Mitnehmen in der Flosse, war die 7b den kompletten Freitag auf Wandertag. Bei eisigen 6 Grad, aber fröhlichstem Sonnenschein.

Reiseführer Tobias H. stets bemüht Geschichten über den Heldenplatz und andere alte, große, schöne Gebäude vorzutragen erweiterte meine Ungarnkompetenz dann auf die wichtigsten beiden Worte dieser sehr, sehr komplexen Sprache: Nem und Igen. Aber nicht einfach nur Nem und Igen. Sondern ein bisschen wie ein defekter Pacman "Nemnemnemnemnemnemnemnem" und "Igenigenigenigenigenigen" - Ja und Nein, mehr brauchste nicht.

Anders als das Frühstück in Wien, ist das Preisleistungsverhältnis das komplette Gegenteil. Sehr, sehr billig und sehr, sehr lecker, viel und schön. Kleine, alte mit Kreide bemalte Cafés und Bars soweit das Auge reicht. Krönung dieser Zeitreise in eine bessere Welt: Das Illegal, eine Bar mit Galerie, die 24/7 nach Popcorn riecht. Weil man dort Popcorn isst. Und dazu Tom and Jerry oder andere fabelhafte Trickserien schaut (Außer Freitags, da laufen kommunistische Aufmärsche aus den späten 60ern, aber die haben wir ignoriert!).

Hey Laden, ich würde dich gerne nehmen und in Bremen pflanzen. So wie du bist. In einem Wort zauberschön.

Auf der fetten Pro-Seite für Budapest, Tobias und seine Wohnung mit gasbetriebenem Backofen stehen: Budapest, Tobias und sein gasbetriebener Backofen! Ich habe das erste Mal seit drei Monaten eigenhändig etwas mit Käse überbacken! Wir haben jede Menge Streuselkäse und Feta benutzt! Und es würde wohl etwas schief laufen, wenn es zu gutem Essen nicht den Bimmelmann und seinen Nonsens im öffentlich rechtlichen Fernsehen geben würde. Ein kleiner Traum von Heimat und eine große Prise Vorfreude, wenn genau das wieder zur Tagesordnung gehört.

Am Samstag verdoppelte sich unsere hilflose Wandertruppe dann, um die verlorenen Söhne von Eger, die den weiten Weg für eine Zusammenkunft der digital Gleichgesinnten auf sich nahmen. Bier, Bier, Bier, Pizza, Bier, Pudelmütze, Bier, Nutellapizza und Bier fassen ganz gut zusammen, wie wir unseren Samstag verbrachten. Ja, richtig. Nutellapizza. Die wohl perverseste Erfindung seit man Nutella auf irgendwas schmiert. Seit es Nutella gibt. Seit Anbeginn der Zeit. Geschlemmt wurde hier unter besten Voraussetzungen, das versprech ich euch!

Taubenschreck am Fövám tér. Eine der ganz großen Geschichten unserer wilden Zeit in B. Statt uns wie üblich mit Gleichgesinnten zu prügeln, gab's diesmal Stress mit den Tauben. Nichtsahnend eine Laufpause machend futtern wir also diese ungarische Gebäckspezialität, die wie ein Schichtsalat zum Anfassen aussieht - leider hat mich niemand davor gewarnt, dass diese  Dinge nicht annähernd so architektonisch ausgefeilt sind, wie die U-bahn Haltestellen der Linie 4 (dazu komme ich gleich). Beim ersten Bissen also in hunderttausend Einzelteile zerfallen landen 75% meines nachmittäglichen Snacks also auf den Straßen von Ungarn und binnen Sekunden werden wir von 2893890328 Tauben angefallen. Ein Bisschen wie Hitchcocks Vögel, bis zu dem Punkt an dem ein hüpfender, hilfloser Tobias seine Wasserflasche wirft um die Endbosse von B. in die Flucht zu schlagen. Sieg.

Sehenswert ohne Ende auch die nigelnagelneue Strecke der U-Bahnlinie 4. Jede Menge Taler und gutes Design wurde hier investiert - lohnenswerte, umgerechnet 4 Taler, die man für ein 24h Ticket bezahlt, haben wir dann dazu genutzt an allen schönen Haltestellen rauszuspringen und 3849 Bilder zu machen.















// Den Rest lass ich von den schönsten Bildern aus 805 erzählen.























"Hey Tobi, was hältst du von einem Zweierpack Mädchenhandschuhe von H&M - ich Leopard und du blau?"
- "Die sind lila."


















 "Lass mich, ich mach Pause."

wie Tobias das ganze sieht? hier: http://budapest.tobiashinz.de/?p=409





"Oh, eine riesige Käsebrezel." 
(…)
"Oh, der Käse ist Salzteig."